Der Geist Peter Greens streifte durchs Zelt

 

Mick Fleetwoods Bluesband räumte im Wendlinger Zeltspektakel mit alten Knallern kräftig ab

WENDLINGEN. Man rechne es sich als eine hohe Ehre an, hier spielen zu dürfen. "Schließlich läuft das Ding hier sein 26 Jahren", würdigte Ausnahme-Gitarrist Rick Vito am Samstag die Leistung der Macher des Wendlinger Zeltspektakels. Zum 40. Bühnenjahr der Band Fleetwood Mac hatte deren Drummer und Mitgründer Mick Fleetwood die Mick Fleetwood Bluesband aus der Taufe gehoben, mit der er eine Europa-Tournee zur Erinnerung an jene Zeit mit dem Komponisten und Gitarristen Peter Green gestartet, die vor dem Abgleiten der Band in die seichten Untiefen der Schlagermusik einige Evergreens der Bluesmusik gezeitigt hatte.


HEINZ BÖHLER

Nun im Oktober 2008 präsentierten Fleetwood und Vito zusammen mit dem Bassisten Lenny Castellano und dem Keyboarder Marc Johnstone ein Programm, das neben Evergreens wie "Albatros", "Rattlesnake Shake" und "Oh Well" viele weniger bekannt gewordene Nummern aus der Feder des Fleetwood-Mac-Gründers, -Gitarristen und -Sängers Peter Green präsentierte, denn "that's what the whole tour is about" ("das ist der Anlass für die Tournee"), wie Rick Vito die Anwesenheit des Quartetts beim Wendlinger Zeltspektakel erklärte.

Wie auch immer: Die Bluesfans unter den wohl über 800 Besuchern des Konzertes kamen ebenso auf ihre Kosten wie diejenigen, die sich einfach über knapp zwei Stunden handgemachter Musik vom Allerfeinsten freuten. Denn davon boten die drei Briten und der amerikanische Gitarrist und Ex-Sideman von Roger McGuinn und John Mayall eine ganze Menge. Auch ließen sie es dabei nicht immer beim sklavisch eingehaltenen Schema des typischerweise modal neutralen Zwölftakters, sondern würzten das Bluesgericht mit Elementen aus anderen Musikstilen. Auch das übrigens wurde bereits mit Peter Green in den Anfangsjahren genauso praktiziert, wovon der melodiös in die Lüfte sich schwingende "Albatros" ein feines Lied zu singen wusste.

Begonnen hatte der Abend allerdings mit einer Enttäuschung, die Zuschauer und Veranstalter gleichermaßen betrübte: Wegen einer Erkrankung konnte der britische Slideguitar-Spezialist und Mitglied der legendären Bluesband Dave Kelly an diesem Abend nicht wie vorgesehen das Vorprogramm bestreiten. So mussten die Fleetwoods schon eine Stunde früher als eigentlich geplant auf die Bühne und eigentlich gäbe es gar nicht viel mehr dazu zu sagen als: Sie machten dort eine wirklich gute Figur. Im feinsten weißen Zwirn absolvierte Gitarrist Rick Vito die ersten Nummern, darunter den frühen Hit der 1968 ins Leben gerufenen Fleetwood Mac, "Oh Well", bis es ihm unter den gleißenden Scheinwerfern der Lichtregie zu heiß wurde.

Doch Vito bewies auch hemdsärmelig genügend Charme und Spielwitz, der sich vor allem in einer äußerst spannungsreichen Verbindung von Finger- und Slide-Technik äußerte. Und immer wieder war es der Geist des ehemaligen Häuptlings und musikalischen Kopfes Peter Green, der durch die Zeltluft streifte. Green vegetiert mittlerweile an Schizophrenie erkrankt und unter Betreuung gestellt dahin.

Gut, dass Mick Fleetwood und Vito, der in den späten 80er-Jahren schon einmal Mitglied bei Fleetwood Mac war, ihre Tour in den - geistigen - "Dienst" des Blues-Genies und seiner Songs gestellt haben. Allzu leicht geriete sonst dessen Autorschaft an einem Welthit, wie "Black Magic Woman", mit dem Carlos Santana und seine Band erst richtig bekannt wurden, in Vergessenheit. So kündigte Vito die "schwarze Hexe" mit den Worten an: "Sie wurde später ein richtiger Knaller, aber für jemand ganz anderen. Ich bin sicher, ihr wisst, worum es geht." Sie wussten und entsprechend frenetisch geriet der Applaus, auch wenn das Publikum sich merklich schwer tat, auf die beileibe nicht aufdringlichen Animationsversuche des Sänger-Gitarristen einzugehen. Viel eher reagierte man auf die Kapriolen des sich als Klassenclowns gerierenden Seniors der Band. Baumlang und seiner ehemals reichen, heute bis auf einen grauen Zopf fast ganz vergangenen Haarpracht beraubt, gibt Mick Fleetwood (61) den komischen Kauz und trommelt unter ständigem Grimassenschneiden mal am großen Set, mal mit einem kleinen Kit, das für eine Rockabilly-Nummer ganz vorn am Bühnenrand aufgestellt wurde. "Mr. Wonderful", wie er sich selbst sieht, hat alles, was ein echtes Show-Talent braucht. Schon auf frühen Bildern mit Jeremy Spencer, John MacVie, Green und Danny Kirwan war immer einer am Fratzenziehen: Mick Fleetwood. Das Wendlinger Publikum dankte ihm seine Anfälle von unbekümmert guter Laune immer wieder mit begeisterten Ovationen.

Doch über allem Charme hier und Klamauk dort stand am Freitagabend in Wendlingen die Musik im Mittelpunkt und natürlich mit ihr die Erinnerung an Zeiten, als die Songs noch frisch waren, denen die Mick Fleetwood Bluesband im Wendlinger Zelt ein manchmal ganz neues Leben einhauchte, auch wenn das nur wenigen auffiel. Denn Rick Vito ist nicht Peter Green, will es auch gar nicht sein. Vito ist ein erfolgreicher und durchaus selbstbewusster Gitarrist, der sich nicht scheut, im Zugabenteil den Instrumental-Hit "Albatros" zweistimmig zu spielen. Das Original war immerhin von gleich drei Gitarristen, Green, Spencer und Kirwan, eingespielt worden.

Gut gelaunter Klassenclown: Mick Fleetwood heb